Fairtrade – Neue Standards beim FCSP-Merch
Dienstag, 10. September 2019, 16:30 Uhr
Der FC St. Pauli hat sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben. Wir haben mit Florian Nollmann aus dem FCSP-Einkauf über die Veränderungen im Sortiment und die neuen Produktionsstandards gesprochen.
Hallo Florian. Der FC St. Pauli produziert jetzt 'fair' – was bedeutet das genau?
Faire Produktion bedeutet, aus ökologischer und sozialer Sicht gewisse Standards zu erfüllen, die über die Norm hinausgehen. Die Fairtrade-Zertifizierung sorgt zum Beispiel dafür, dass die Arbeitsbedingungen und die Löhne der Arbeiterinnen und Arbeiter verbessert und ihre Rechte gestärkt werden – vom Entkörnen und Weben der Baumwolle bis zum fertigen FCSP-Shirt. Also über die gesamte Verarbeitungskette. Überstunden, Arbeitszeiten, Verträge, das Tragen von Schutzkleidung – all das wird beim GOTS- und beim Fairtrade-Textilstandard abgesichert.
Wo werden die FCSP-Shirts denn hergestellt?
In Indien. Bei einem Lieferanten, den wir kennen und dem wir voll und ganz vertrauen. Wir haben die Produktionsstätten selbst besucht und uns von den Bedingungen vor Ort überzeugt. Der Hersteller bietet uns volle Transparenz über die gesamte Lieferkette – wir wissen also, wo die Baumwolle herkommt, wo und wie sie verarbeitet wird, und von wem.
War die Merch-Produktion denn vorher 'unfair'?
Nein, ganz und gar nicht. Unsere Artikel wurden vorher unter den Bedingungen des BSCI-Siegels hergestellt. Damit wurden vor allem passende Arbeitsbedingungen und soziale Aspekte bei den Textilproduktionen abgesichert.
Warum habt Ihr Euch dazu entschieden, von BSCI auf GOTS & Fairtrade umzusatteln?
Auf der Jahreshauptversammlung 2016 wurde ein Antrag gestellt, der das Ziel hatte, das komplette Merch-Sortiment des FC St. Pauli in Zukunft fair produzieren zu lassen, in sozialer und ökologischer Hinsicht. Dieser Antrag hat nicht nur auf der Jahreshauptversammlung Zustimmung gefunden, sondern auch bei uns. Um das Thema von Anfang an strukturiert anzugehen, haben wir einen Arbeitskreis gegründet, der aus engagierten Mitgliedern und Mitarbeitern des FC St. Pauli besteht. Zu den Treffen haben wir Experten aus der Branche eingeladen. Menschen, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auskennen und wissen, worauf es ankommt und worauf wir achten müssen. Dazu gehörte zum Beispiel Greenpeace.
In dem Zuge habt Ihr Euch auch dazu entschieden, die GOTS-Zertifizierung einzuführen. Was bedeutet das genau?
Die Abkürzung „GOTS“ steht für den „Global Organic Textile Standard“ und wird von Greenpeace als einer der höchst angesehensten Produktionsstandards für Baumwolltextilien beworben. Bei dieser Zertifizierung sind nämlich nicht nur soziale Faktoren abgedeckt, sondern auch ökologische Komponenten. Das Qualitätssicherungssystem ist sehr streng und fordert, dass alle am Produkt beteiligten Partner am Inspektions- und Zertifizierungsprogramm teilnehmen müssen, bevor die Endprodukte als GOTS zertifiziert gekennzeichnet werden dürfen. Also über die gesamte Verarbeitungs- und Herstellungskette, von der Ernte der Bio-Baumwolle bis zum Großhändler. Auch wir mussten uns zertifizieren lassen, um GOTS-Produkte verkaufen zu dürfen.
Ab wann können wir die neuen Produkte denn im Fanshop kaufen?
Schon jetzt! Wir haben im Frühjahr 2018 angefangen, das Sortiment Schritt für Schritt umzustellen. Aufgrund der Aussagekraft haben wir uns dazu entschieden, den Fokus zuerst auf das Standardsortiment zu legen. Das sind alle Artikel, die wir schon jahrelang im Sortiment haben, die für unsere Fans am wichtigsten sind. Also im Prinzip alle Textilien, die unseren Standard-Totenkopf tragen, vom Shirt bis zum Beutel. Derzeit sind bereits zwei Drittel des langjährigen Textil-Sortiments umgestellt und kommen aus kontrolliert biologischem Anbau.
Und was ist mit dem Rest?
Wenn wir mit den Textilien fertig sind, widmen wir uns den Hartwaren, zum Beispiel der Herstellung von Brotdosen, Tassen oder Trinkflaschen. Da gibt es Materialien, die schon nachhaltig sind, und einige, die sich leicht umstellen lassen. Bei einigen Artikeln könnte es auch etwas komplexer werden. Wenn es soweit ist, werden wir uns wieder mit externen Experten zusammensetzen, um uns das entsprechende Know How anzueignen und unseren neuen Prinzipien gerecht zu werden.
Im Zuge der Umstellung habt Ihr auch einen Verhaltenskodex für Lieferanten eingeführt, den „FCSP Social Code of Conduct“. Was beinhaltet dieser Kodex? Unser Verhaltenskodex deckt die Punkte Transparenz und
Verhaltensregeln zum Schutz der Arbeitnehmer ab, die über das Mindestmaß hinausgehen sollen. Durch das Abzeichnen dieses Dokumentes stellen wir noch einmal zusätzlich sicher, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter vor Ort auch wirklich korrekt behandelt werden, zum Beispiel was die Vergütung und die Sicherheit angeht. Der Kodex beinhaltet auch eine Beschwerde-Option. Die Arbeitnehmer in Indien können sich also an uns wenden, wenn Probleme auftauchen. Das ist Voraussetzung, um mit uns zu arbeiten.
Klingt, als hättet Ihr Euch ein tolles Merch-Konzept ausgedacht, dass nicht nur dem Klima zugutekommt, sondern auch den Menschen hinter den Produkten. Werden die Totenkopf-Shirts dadurch in Zukunft teurer?
Darüber haben wir uns natürlich auch Gedanken gemacht. Wir haben uns große Ziele gesetzt, wollten aber gleichzeitig auch aus kaufmännischer Perspektive realistisch bleiben. Heißt: Nachhaltig produzieren, aber die Kosten im Rahmen halten, damit sich unsere Fans auch weiterhin unsere Produkte leisten können.
Und das ist Euch gelungen?
Ja, wir haben es geschafft, dass unsere Textilien nicht teurer werden. Bei anderen Produkten könnte sich das eventuell etwas schwieriger gestalten. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht absehbar. Wir werden aber alles tun, um auch dafür eine optimale Lösung zu finden. Das Thema Nachhaltigkeit ist ein langfristiger und komplexer Prozess, noch sind wir nicht fertig.
Vielen Dank, Florian!
(iv)
Fotos: FC St. Pauli