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Gleichstellung von Menschen mit Behinderung: Wie erleben FCSP-Fans Teilhabe am Millerntor?

Am 5. Mai ist alljährlich der Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Zu diesem Anlass haben wir mit vier Fans über Barrierefreiheit und Teilhabe beim FC St. Pauli gesprochen.

Wer bist du und wo findet man dich bei Heimspielen des FCSP?

Birgit: Ich bin Birgit und man findet mich auf der Haupttribüne im "Rollibereich".

Jan: Moin, ich bin Jan und befinde mich auf der Haupttribüne, wäre aber lieber auf der Süd. Ich fahre auch zu jedem Auswärtsspiel, wenn es Gesundheit und Ticketsituation zulassen.

Sonja: Mein Name ist Sonja und man findet mich in der Nord.

Alexandra: Mein Name ist Alexandra und ich bin seit 2004 regelmäßig auf den Hörplätzen der Gegengerade.

Was würde auf deinem Protestschild stehen, wenn Du am 05. Mai protestieren gehen würdest?

Birgit: Ich werde am 5.Mai mit Sit'n'Skate am Spielbudenplatz sein. Ich plane ein Protestschild: "Ich möchte überall hinkommen - in die Bahn, zum Arzt und ins Theater. Für mehr Inklusion und Barrierefreiheit im Alltag!"

Jan: „Alle Stadien barrierefrei machen. Und Sicherheitskonzepte überdenken!“

Sonja: „Gleichbehandlung auch für Schwerbehinderte“

Alexandra: „Leben und leben lassen“

 

Sonja fordert Gleichbehandlung auch für Schwerbehinderte.

Sonja fordert Gleichbehandlung auch für Schwerbehinderte.

Wenn Du eine Barriere beim FCSP oder im Fußball allgemein sofort abschaffen könntest, welche wäre das?

Birgit: Mein größtes Problem bei unseren Spielen ist die Toilettensituation. Schon der Weg vom Rollibereich in den Umlauf ist, wegen der Enge, Steigung und den vielen Menschen, die dort eigentlich nichts zu suchen haben, eine echte Herausforderung. Die Toilettentüren sind sehr schwergängig und zudem gibt es kein Besetzt-Zeichen. Die Ordner*innen sagen mir dann, ob die Toilette frei ist, und halten mir die Tür auf, allerdings möchte ich das eigentlich wirklich allein tun können. Außerdem kann ich wegen der steilen Rampen im Rollibereich leider nicht selbstständig Getränke und Speisen von den Kiosken im Umlauf an meinen Platz bringen. Auch Auswärtsfahrten sollten barrierefreier werden.

Jan: Ich würde alle Barrieren in und um das Stadion aufheben. Zum Beispiel würde ich gerne als Rollifahrer auch Teil der Südkurve sein. Aber auch bei den Auswärtsblöcken gibt es noch viel zu tun. Sie sollten so gebaut sein, dass Menschen mit Rollstuhl auch Teil der Kurve sein können.

Sonja: Ich wünsche mir wirklich barrierefreie Bereiche für Rollstuhlfahrer*innen und bewegungseingeschränkte Menschen.

Alexandra: Ich würde mir eine Audiodeskription für alle Live-Spiele wünschen, egal ob im TV oder über andere Medien.

 

Jan möchte Teil der Kurve sein, auch bei Auswärtsspielen des FC St. Pauli

Jan möchte Teil der Kurve sein, auch bei Auswärtsspielen des FC St. Pauli

Wie funktioniert Teilhabe in deinem FCSP-Umfeld?

Birgit: Das Stadion ist mittlerweile mein zweites Wohnzimmer. Am schönsten ist es tatsächlich, alle Freunde/Bekannte aus unserem Fanclub Braun-Weiße Vielfalt wiederzusehen. Wir schreiben uns zwar auch via WhatsApp, persönlich ist dann aber doch etwas anderes. Dafür nehme ich auch eine An- und Abfahrt bis nach Finkenwerder mit vielen Barrieren in Kauf. Mein Platz ist relativ „fest“, auch weil ich nicht so gut gucken kann. Es ist super, dass auf solche Besonderheiten wirklich Rücksicht genommen wird. Weil ich auf dem rechten Ohr nicht gut höre, habe ich eines der AFM-Radios als Dauerleihgabe, damit ich auch das Spiel auch verfolgen kann, wenn es auf der anderen Seite an den Ecken stattfindet. Sehr schwierig wird es für mich, wenn Pyros abgebrannt werden. Dann muss ich stark husten und andere Menschen aus unserem Bereich müssen sogar die Tribüne verlassen. Was aber wirklich schön ist, ist, dass wir dazugehören. Man kennt sich. Man winkt sich zu. Man flachst miteinander. Also nicht nur wir Fans, sondern auch Ordner*innen, Fotograf*innen und einige Mitarbeiter*innen vom Verein. Besondere Highlights sind, wenn die Spieler nach dem Spiel bei uns vorbeischauen. Nachdem Maurides im Spiel gegen Fortuna Düsseldorf den Elfmeter verschossen hatte, ist er trotzdem noch zu uns gekommen und hat mir sein Trikot gegeben. Er hat mich umarmt und sich entschuldigt. Das muss man sich mal vorstellen! Er hat damit für immer einen Platz in meinem Herzen – egal wie pathetisch das jetzt klingt.

Jan: Für mich hat sich die Frage der Teilhabe nie gestellt. Meine Familie und speziell mein Vater haben mich ganz selbstverständlich als Teil der Fanszene aufgezogen. Das heißt z.B. auch, dass ich so oft wie möglich mit der Szene auswärts fahre. Wenn ich was wissen will, dann schlage ich im Fanladen auf und frage bei Paul nach. Der löst die Probleme meistens im Vorfeld.

Sonja: Nur meine Freunde und Freundinnen wissen von meinen Einschränkungen. Dort ist Teilhabe überhaupt kein Problem. Außerhalb meines Freundes- und Bekanntenkreises würde ich mir allerdings mehr Rücksichtnahme und Bewusstsein wünschen. Menschen gehen zu schnell von einer Norm aus, und wenn man der nicht entspricht, können sie gereizt reagieren. Es wäre besser, wenn Menschen sich bewusst machen würden, dass nicht jede*r gleich gut z.B. hören, sehen, sprechen und laufen kann. Dann könnten wir alle etwas rücksichtsvoller miteinander sein.

Alexandra: Ich erlebe Teilhabe im Großen und Ganzen als sehr positiv und als gute Entwicklung.

Birgit zeigt ein Trikot mit der Nummer 9 von Stürmer Maurides

Birgit zeigt ein Trikot mit der Nummer 9 von Stürmer Maurides

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