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FCSP führt Austausch mit Fans fort - Verein setzt Spielen vom „Herz von St. Pauli“ aus

Der FC St. Pauli wird den Austausch mit seinen Mitgliedern und Fans über den Umgang mit dem Lied „Das Herz von St. Pauli“ fortführen, setzt das Abspielen des Songs im Stadion aber aus. Der Verein dankt allen Beteiligten für die größtenteils sachliche und respektvolle Diskussion bei einem sehr emotionalen Thema.

„Wir wissen und verstehen absolut, dass das Lied für viele Menschen eine sehr große emotionale Bedeutung hat“, betont Präsident Oke Göttlich. Dies kann auf persönlicher Ebene auch so bleiben, doch eine Hymne im Stadion hat eine besondere Funktion: Ein solches Lied soll die Menschen zusammenbringen, es soll ein gemeinsamer und verbindender Moment sein. Angesichts der Diskussion um das Lied kann ein solcher Moment derzeit nicht geschaffen werden, denn viele Mitglieder und Fans haben deutlich gemacht, dass sie sich mit dem Lied nicht mehr wohl fühlen.

„Wir verstehen und respektieren die verschiedenen Argumente in dieser komplexen Diskussion“, betont Göttlich, viele Fragen seien zudem noch offen, was die Rolle von Texter Josef Ollig beim NS-Vernichtungskrieg in Osteuropa und in der Nachkriegszeit betrifft. Daher soll der Austausch fortgeführt werden – auf Basis einer wissenschaftlichen Dokumentation. „Wir wollen eine möglichst fundierte Grundlage schaffen und keine vorschnellen Entscheidungen treffen; wir wollen aber auch nicht einfach ‚Weiter so!‘ sagen“, erläutert Göttlich.

Dank an das Museum

Der Verein dankt ausdrücklich den wissenschaftlichen Recherchen des FCSP-Museums, das in einem Podcast über die biografischen Hintergründe von Ollig und dessen Rolle als NS-Propagandisten sowie über Kontinuitäten in seiner Arbeit berichtet hatte. Auch wenn die Diskussion überwiegend sehr sachlich war, hat es auch Anfeindungen gegen die beteiligten Forscher*innen aus dem Museum gegeben. „Diese Anfeindungen weisen wir strikt zurück, wir stehen zu 100 Prozent hinter dem Museum und den Mitarbeitenden“, sagt Göttlich.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der FC St. Pauli mit seiner Vergangenheit in der NS-Zeit auseinandersetzt – „und das ist auch gut so“, wie Göttlich betont. Im Jahr 1999 hatte der Verein sein Stadion umbenannt, seitdem trägt es den Namen Millerntor-Stadion, was mittlerweile eine neue Tradition ist. „Veränderungen schaffen Raum für Neues“, sagt Göttlich. Das betreffe auch die Lieder, die im Stadion gespielt würden.

Hymne soll Menschen
zusammenbringen

„Das Herz von St. Pauli“ wird seit etwa 20 Jahren im Stadion gespielt und das gemeinsame Singen des Lieds hat für viele Menschen eine große Bedeutung. Der Austausch mit Fans aus allen Bereichen des Stadions hat aber eindeutig gezeigt, dass das Lied angesichts der laufenden Diskussionen derzeit nicht als Hymne funktioniere.

Das Lied bringt die Menschen so nicht zusammen, sondern die NS-Geschichte des Texters spaltet eher. „Wenn es beim Abspielen der Hymne zu Pfiffen und gegenseitigen Beschimpfungen kommt, ist das nicht hinnehmbar“, sagt Göttlich, „und hilft niemanden“. Vielmehr drohen dann langanhaltende Konflikte zwischen den Fans.

Wissenschaftliche Dokumentation
und Austausch

Derzeit ist eine wissenschaftliche Dokumentation zu dem Lied und dem Urheber des Textes in Arbeit. Diese soll veröffentlicht werden, um die Diskussion noch fundierter führen zu können. Der Verein plant zudem gemeinsam mit dem Fanladen St. Pauli und dem FCSP-Museum eine Veranstaltung zu organisieren, in dem die Ergebnisse vorgetragen und Raum für Austausch geboten wird. Erst danach soll es eine endgültige Entscheidung über den Umgang mit dem Lied geben.

Der FC St. Pauli appelliert an alle Fans, weiterhin respektvoll miteinander umzugehen und unterschiedliche Perspektiven zuzulassen. Präsident Göttlich hebt hervor: „Wir können stolz darauf sein, dass sich unser Verein und die Fans schwierigen Situationen stellen, Diskussionen nicht ausweichen und diese offen führen.“ Dazu gehört auch, sich die notwendige Zeit zu nehmen und offen zu sein für Austausch, Informationen und Entscheidungen, die im Sinne des gesamten FC St. Pauli sind.

 

(pg)

Fotos: FC St. Pauli / Witters

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