Wir waren Pokal!
Mittwoch, 27. Januar 2016, 13:50 Uhr
Denn eines wurde nach dem unvergesslichen 4:3 nach Verlängerung im Achtelfinale des DFB-Pokals am 21. Dezember 2005 klar: Ein weiterer Sieg im Viertelfinale und der FC St. Pauli wäre nach langer „Retter“- und Drittliga-Durststrecke finanziell so gut wie saniert. Eine entscheidende Voraussetzung auch für die Stadionrekonstruktion.
Zunächst aber war es alles andere als sicher, ob die Partie gegen Werder Bremen am 25. Januar 2006 überhaupt stattfinden könnte. Der damalige Teammanager Christian Bönig, mit Fabian Boll, Timo Schultz, Hauke Brückner, Fitnesstrainer Pedro Gonzalez sowie Kommentator Rollo Fuhrmann, NDR-Journalist Jörg Naroska und dem 1910 e.V.-Vorstandsvorsitzenden Michael Pahl live auf der Bühne im KNUST, erzählte mit sichtlichem Vergnügen, wie er sämtliche verfügbaren Geschäftsstellenmitarbeiter mit Schaufeln, Besen und Harken auf den Rasen schickte, um gegenüber Schiedsrichter Dr. Felix Brych intensive Bemühungen zur Bespielbarkeit des vereisten und zugeschneiten Rasens zu demonstrieren.
Bekanntlich mit Erfolg: Das Spiel wurde angepfiffen, worüber sich selbst die braun-weißen Spieler wunderten. Fabian Boll etwa konnte es kaum glauben, als er, zu Hause bange wartend, im NDR-Videotext las: „Spiel findet statt“. Nicht nur ihm („Ich war eben auch kein Zehner“) versprang so mancher Ball auf comedyreife Weise. Hauke Brückner, Teil zwei der damaligen „Doppelsechs“ im defensiven Mittelfeld, hatte den Versuch abbrechen müssen, die Partie als Vorbereitung auf den Abend zu Hause nochmals anzuschauen: „Das tat einfach zu weh und hatte an dem Abend nichts mit Fußball zu tun.“
Auf dem KNUST-Balkon mit bestem Blick auf die Leinwand lieferten Boll und Brückner dagegen reihenweise Traumkombinationen am Mikrofon und lieferten zum Vergnügen der Zuschauer im fast ausverkauften KNUST-Konzertsaal und dem ebenfalls prall gefüllten Foyer mit einer zweiten Leinwand bestes braun-weißes Entertainment. Etwa über den spät entdeckten Nutzen des Vokabelpaukens (Brückner: „Ich habe Johan Micoud mit meinem Schul-Französisch in einem durch beleidigt!“) und die gelungene Tarnung auf dem graumelierten Eis-Schnee-Schlamm-Gemisch: „Das erste Mal, dass sich das Camouflage-Design der Pokal-Trikots so richtig gelohnt hatte“, fand Boller.
Nicht nur die drei braun-weißen Tore und der verschossene Werder-Elfmeter, sondern auch das ebenfalls auf der Großleinwand gezeigte Halbzeit-Interview mit Gerhard Delling, Klaus Allofs, Corny Littmann und dem dauerklingelnden Handy des damaligen FCSP-Präsidenten (Klaus Allofs: „Der Schiedsrichter. Das ist bestimmt der Schiedsrichter!“) sorgten für beste Stimmung. Am Ende herrschte Einigkeit: Das 3:1 war mehr als verdient.