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"Schade, dass sich die Zeiten so geändert haben"

Am Sonnabend (19.3., 13 Uhr) gastieren unsere Kiezkicker beim SV Sandhausen. Im Vorfeld der Partie haben wir uns mit Stefan Kulovits, Mittelfeldspieler beim SVS, nicht nur über die laufende Saison, sondern auch über seinen Spitznamen "Kampfgelse" und Vereinstreue, aber auch über das anstehende Spiel unterhalten.

Moin Stefan, Hand auf’s Herz: Wie sehr habt Ihr nach Eurem 1:0-Erfolg gegen Fortuna Düsseldorf durchgeatmet?

Natürlich ist uns allen ein großer Stein vom Herzen gefallen. Wenn man unsere Ergebnisse der letzten Wochen hernimmt und sieht, wie alle Vereine im Abstiegskampf gepunktet haben, weiß glaub ich jeder, was dieser Sieg wert war!

War das der berühmte Bock, den es umzustoßen galt, oder einfach eine Frage der Zeit? Man darf nicht vergessen, dass Eure Gegner mit Freiburg, Bochum, Nürnberg und 1860 München in den Vorwochen keine Laufkundschaft waren.

Es waren drei Mannschaften dabei, die um den Aufstieg spielen, und mit 1860 zu diesem Zeitpunkt die Mannschaft der Stunde. Aber ich behaupte, trotz der vier Niederlagen, dass es, abgesehen von der ersten Halbzeit in Bochum, alles Spiele auf Augenhöhe waren, in denen Standards, unglückliche Schiedsrichterentscheidungen und eigenes Unvermögen den Ausschlag gegeben haben. Aber wir wussten, dass wir bald wieder auf die Siegerstraße kommen, wenn wir so weiterarbeiten und Kleinigkeiten abstellen.

Ihr seid in den letzten Jahren oft als Underdog in die Saison gestartet und habt dennoch sehr respektable Saisonergebnisse erzielen können. Was sind die Gründe für Eure Stärke?

Wenn wir unser erklärtes Ziel Klassenerhalt schaffen, werden wir auch im nächsten Jahr als Underdog in die Liga starten. Aber auf die leichte Schulter nimmt uns keiner mehr. Ich denke, wir sind der beste Beweis dafür, was man als Team und eingeschworene Einheit erreichen kann, und dass Geld ein wichtiger Faktor, aber nicht der entscheidenste im Fußball ist. Da tut es natürlich auch gut, wenn der Kern der Mannschaft sich seit mittlerweile fast drei Jahren kennt und Erfolge gemeinsam erleben durfte – das schweißt zusammen.

Kommen wir zu Dir. Du hast im Januar Deinen Vertrag verlängert. Du bist Kapitän, hast in dieser Saison erst ein Spiel verpasst und scheinst Dich in der Liga, vor allem aber in Sandhausen sehr wohl zu fühlen. Eigentlich hattest Du keine andere Wahl für ein weiteres Jahr zu unterschreiben, oder?

Meine Familie und ich fühlen uns wohl. Ich darf jedes Wochenende in gut besuchten Stadien das ausüben, wofür ich unter der Woche trainiere. Die Liga ist top-besetzt mit Traditionsmannschaften. Dazu kommt noch mein doch schon fortgeschrittenes Fußballer-Alter. Warum sollte ich daran etwas ändern?

Du bist in Wien geboren und hast lange in Wien gespielt. Wie viel „Wiener Schmäh“ verträgt der Baden-Württemberger eigentlich?

Ich denke allgemein, dass die Leute in Deutschland den Wiener Dialekt mögen. Ich versuche dennoch, etwas mehr auf Hochdeutsch zu achten, da ich sonst alles wiederholen muss. In der Kabine und am Platz nehm ich mich da aber weniger zurück, die verstehen mich nach mittlerweile fast drei Jahren schon ganz gut und verwenden auch schon ein paar Wiener Ausdrücke.

Was bitte ist eine „Kampfgelse“ und hast Du diesen Spitznamen auch in Sandhausen?

Gelse ist hierzulande besser als Mücke oder Schnake bekannt. Aber egal, wie es auch genannt wird, sie sind einfach nur nervig und hartnäckig. Andi Herzog hat mir den Spitznamen verpasst, nachdem ich im Training öfter gegen ihn gespielt hab und richtig auf die Nerven gegangen bin. Da hab ich dann öfter nur gehört: 'Schleich dich bitte, Kulo.' Man wird dadurch natürlich auch in eine gewisse Schublade gesteckt und darauf reduziert. Ich wurde hier des Öfteren darauf angesprochen, aber zum Glück ist der Spitzname nach meiner Auswanderung an der Grenze hängen geblieben.

Ein Wandervogel bist Du wahrlich nicht. Zehn Jahre bei Rapid Wien und nun mindestens vier Jahre in Sandhausen sprechen eine deutliche Sprache. Vereinstreue und Identifikation sind hier die Stichwörter. Eine Seltenheit im heutigen Fußball. Versuchst Du als Kapitän, solche Werte den jüngeren Kollegen zu vermitteln?

Schade, dass sich die Zeiten so geändert haben. Dazu tragen aber leider auch die ganzen Spielerberater bei. Jeder schaut nur noch aufs schnelle Geld und nicht darauf, was vielleicht langfristig für einen das Beste ist. Fernsehverträge wie in England machen es anderen Vereinen natürlich nicht leichter, Spieler zu binden. Bei der Flut an ausländischen Spielern braucht man sich dann auch nicht über den Stellenwert und das Abschneiden der englischen Nationalmannschaft bei großen Wettbewerben wundern. Von daher ist es schwer, Werte wie Vereinstreue und Identifikation mit einem Verein an junge Spieler weiterzugeben. Geld regiert die Welt. Die Werte verschieben sich immer mehr in diese Richtung.

Im Hinspiel gelang Euch ein 3:1-Erfolg am Millerntor. Mit zwei Treffern in den  ersten acht Minuten konntet Ihr frühzeitig die Segel in Richtung drei Punkte setzen, auch wenn es zwischenzeitlich noch mal spannend wurde. Welche Erinnerungen hast Du an das Hinspiel?

An das Hinspiel habe ich natürlich schöne Erinnerungen. Das Millerntor ist sowieso immer eine Reise wert. Nach zwei sieglosen Auswärtsspielen gegen St. Pauli, die noch dazu mit Verletzungspausen für mich geendet haben, durfte ich endlich mal mit einem positiven Gefühl die Heimfahrt genießen. Nach einer sehr guten ersten Halbzeit gerieten wir nach dem Anschlusstreffer etwas in Bedrängnis. Nach dem Elfmeter durch Aziz spielten wir es aber souverän heim.

Zum Abschluss: Worauf müssen sich die Kiezkicker am Sonnabend einstellen?

Wir wollen mit einem positiven Gefühl in die Länderspielpause gehen. Ein Heimsieg gegen St. Pauli ist uns bisher auch noch nicht geglückt. Von daher ist natürlich klar, wie wir ins Spiel gehen wollen...

Stefan, vielen Dank für das Gespräch!

 

(lf)

Foto: Witters

 

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